Corona-Zeit

6. April 2020 0 Von Ina

06.April 2020

Bevor ich das alles vergesse, möchte ich doch niederschreiben, was ich in dieser Zeit erlebe und beobachte.

Seit drei Wochen sind wir zu Hause. Wir ist übertrieben, mein Mann nicht, denn Pakete und Päckchen wollen und müssen weiter transportiert werden. Er kann über Arbeit nicht klagen.

Das Deutlichste war bisher, dass meine Jungs Homeschooling hatten und ich Homeoffice. Als erstes wurde unser Trampolin aufgebaut, auch wenn die Temperaturen es noch nicht so gut meinten, Sportunterricht war gesichert.

Am ersten Schultag war noch Ruhe vor dem Sturm, nur wenige erste Infos. Am zweiten Tag war der „Schulranzen“ voll mit Aufgaben. Und so begann unser erster Schultag. Wir schafften uns schulische Strukturen. Unterrichts-Schulzeit und Pausen. Halb neun Frühstück, dann von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr erste Schulrunde mit einer 20 minütigen  Pause. Dann eine einstündige Pause und am Nachmittag noch einmal eine Stunde Unterricht.

Wir haben immer die Pläne durchforstet, die Jungs haben wirklich ernsthaft gearbeitet, manchmal brauchten sie Hilfe, manchmal musste ich nur Korrekturlesen. Alles in allem hatten wir eine richtig ruhige, entspannte Arbeitszeit. Das hat mich selbst erstaunt.

Während die Jungs also mit Schulzeug versorgt waren, kümmerte ich mich um meine Arbeit. Netzwerk aufbauen im Rahmen dessen, was möglich war. Kontakte herstellen, Aufgaben verteilen, Unterstützung geben, neue Pläne erstellen. Ich hatte in der ersten und zweite Woche so viel Arbeit, dass ich oft am Ende des Tages resümierte, es ist nicht anders als sonst. Ich war Abends wirklich kaputt. Mein Netzwerk war zeitlich nicht begrenzt, so dass ich den ganzen Tag, auch bis in den Abend hinein, ansprechbar war. Ich muss aber auch sagen, dass mir all das wirklich wichtig war und ist, um die Kontakte liebe- und hoffnungsvoll aufrecht zu erhalten und ein Stück weit veränderte, aber trotzdem Normalität zu geben.

Was macht diese Zeit mit mir?

In der dritten Woche war mein Netzwerk und unser Homeschooling so gut am Laufen, dass ich mich mit dem Nähen von Mundschutz-Präventionsmasken beschäftigen konnte. So hatte ich die Möglichkeit, alle älteren Menschen in unserer Familie damit zu versorgen. Und nein, der Begriff stellt natürlich nicht die Masken dar, die im Gesundheitswesen gebraucht werden. Sie sind für den privaten Gebrauch und sollen unsere Lieben ein wenig besser schützen, wenn sie mal nach draußen müssen.

Leider können wir von hier aus unsere Familie nicht anders unterstützen. Keine Eltern wohnen unter 300 km weg. Wir können sie nicht eben mal mit Lebensmitteln versorgen oder anderweitig unterstützen. So war das eine Möglichkeit, ihnen etwas Hilfe zu geben. Leider hat die Post fast eine Woche für den Transport gebraucht, von Montag bis Samstag. Das war bedauerlich, aber auch nicht zu ändern.

Wir diskutieren zu Hause über alle Maßnahmen, die derzeit gelten: alle kulturellen Einrichtungen sind geschlossen, nahezu alle Geschäfte sind zu außer die Supermärkte oder Discounter und einige Baumärkte. Es gelten Kontaktsperren – nicht mehr als zwei Menschen sollen zusammen sein (außer in Familien), Abstandsgebot – 1,5 bis 2m Mindestabstand zwischen Personen, viele Menschen sind derzeit zu Hause – Kurzarbeit, Homeoffice oder gar arbeitslos geworden, nahezu alle Arbeitsbereiche liegen brach. Es ist eine mir nie vorstellbare Situation entstanden.

Mein Mann möchte gern Corona bekommen, damit er es weg hat und endlich Antikörper. Ich dagegen bekomme zunehmend Panikattacken, bin froh, wenn ich zu Hause bleiben kann. Dabei wohne ich auf dem Land…  Ich könnte wahrscheinlich die Ruhe bewahren, aber diese Attacken lassen sich nicht steuern, kommen einfach.

Einkaufen haben wir auf ein Minimum reduziert. Vor wenigen Tagen noch wurde Einkaufen zum absoluten Stressfaktor. Unvorstellbar – Menschen die Toilettenpapier, Mehl, Zucker, Reis, Milch, Hefe etc. horten. Die Regale ständig leer. Ich hatte Sorge wegen meiner Glutenintoleranz, dass ich für mich Lebensnotweniges nicht mehr bekomme. Nun sind wir in der vierten Woche angekommen und es scheint sich alles etwas zu beruhigen.

Am Ende dieser Woche hat mein Mann endlich Urlaub. Wegfahren wird nicht stattfinden. Niemand darf verreisen, alle Grenzen sind zu, Campingplätze geschlossen, unnötige Reisen haben zu unterbleiben. Wir können auch nicht zu den Eltern, zu groß ist die Gefahr. Das zu tolerieren wird irgendwie immer schwerer. Nicht so sehr das Nicht-Verreisen-Können, aber das Nicht-Sehen-Können der Familie. Wir telefonieren, wir machen Videochats. Ich hoffe sehr, dass mein Mann den Antrieb und die Lust hat, mit mir in seinem Urlaub den Flur zu renovieren. Das wäre noch etwas Nutzbringendes.

Die Jungs haben seit dieser Woche Ferien. Sie dürfen gerade mal ausschlafen, genießen und faul sein. Es sei ihnen gegönnt.

Ich finde dieses Coronavirus bedrohlich. Es bringt so vieles, was wir als selbstverständlich kennen, ins Wanken. Ich kann die Einschränkungen nicht in Frage stellen, ich bin kein Virologe. Und ich denke, diese Wissenschaftler haben Ahnung von ihrem Sachgebiet. Und trotzdem gerät alles in Schieflage und wirkt, je länger es dauert, bedrohlich. Es ist Tag 21 für uns in der Coronazeit. Erst weit weg in China, dann näher in Italien und plötzlich HIER. Nein, es geht mir gerade nicht gut. Ich habe immer öfter das Gefühl nicht tief genug Luft holen zu können. Ich muss mich ständig beschäftigen und ablenken, damit ich nicht innerlich zu unruhig werde.

Ich hoffe und wünsche von ganzem Herzen, dass wir, unsere Familie, unsere Freunde, uns alle gesund wiedersehen. Ohne die ständige Angst einer Coronabedrohung.