Danach heute

21. Dezember 2023

                 

Mein geliebtes Töchterchen,

wieder ist ein Jahr ohne dich vergangen. Die Zeit vergeht so schnell, dass ich es oft selbst nicht glauben kann. Ich habe dich die ganze Zeit bei mir dabei. Überall wo ich bin, bist auch du, aber es bleibt immer eine riesengroße Sehnsucht. Wir können nichts mehr an Gedanken und Worten austauschen, alles spielt sich in meinem Kopf und Herzen ab. Ich liebe dich, mein Kind. Und ich vermisse dich wie am ersten Tag. Nicht mehr so laut und schrill, eher leise und still.

Und die Liebe ist geblieben.

Die Erinnerung an dich.

Unvergängliche Gefühle,

stark und dauerhaft.

Schmerzliche Gefühle,

die Erinnerung an dich.

Und die Sehnsucht

wird uns bleiben.

In Erinnerung an dich.

Heute Abend fahren wir wieder an die Unfallstelle, an diesen unheilvollen Platz. Während ich früher sehr oft dort war, meide ich ihn mittlerweile sehr. Es tut nur alles weh an diesem Ort.

Wir werden gemeinsam in wenigen Tagen in ein neues Jahr gehen, wieder ein Jahr ohne dich. Du fehlst an jedem einzelnen Tag. Bitte beschütze deine Brüder und ihre Lieben.

Ich umarme dich mit meinen Gedanken, meinem Herzen und all meiner Liebe. Immer in der Hoffnung auf ein Wiedersehen.

Deine Mama

06. Dezember 2022

Wir sind am Ende des 20. Jahres ohne dich. In all den Jahren hat sich nichts an dem geändert, was schon immer war – DU FEHLST!

Das Leben geht weiter, das ist wahr und richtig. Aber es ist anders und nie mehr wie zu der Zeit als du noch da warst. In meiner Schule ist wieder das Adventskonzert zusammen mit dem Weihnachtsmarkt, so wie vor 20 Jahren und auch in nahezu allen Jahren danach. Es kommen also immer wieder meine Erinnerungen an die letzten Momente und Augenblicke mit dir. Das tut weh, sehr weh. Statt dir, fotografiere ich jedes Jahr deine Grab-Garten. Wie seltsam sich das immer noch anfühlt.

Was kann ich dir nach 20 Jahren in deinem Himmelszelt wünschen?

Ich wünsche dir, dass es dir gutgehen möge, wo auch immer du bist.

Ich wünsche dir, dass dein Opa vielleicht jetzt deine Hand hält und dich behütet, weil ihr euch wiedergefunden habt.

Ich wünsche dir, dass du immer noch in unserer Nähe sein kannst, bei uns bist und uns spürst – unsere Liebe und Sehnsucht zu dir.

Ich liebe dich, mein Kind, mein Mädchen, meine wunderbare Tochter.

Ich umarme dich im Herzen und schicke dir meine Liebe ins Himmelszelt.

Nachtrag 22.12.2022

Wir waren gestern wieder an der Unfallstelle, so wie jedes Jahr. Es ist ein unheilvoller Platz, voller Lärm, Blicke im Rücken, traurig und nur schwer auszuhalten. Ich bin im Innersten immer noch zutiefst darüber erschüttert, was euch zugestoßen ist und kann das auch nach 20 Jahren immer noch nicht fassen. Mit welcher Wucht ihr aus dem Leben gerissen wurdet, welcher Schmerz euch zugefügt wurde. Es ist nicht begreifen.

 

Leider kreisen meine Gedanken heute schon den ganzen Tag um die Nacht und den Tag vor 20 Jahren. Das was ich mühevoll immer zudecke und möglichst nicht hochkommen lasse, schafft sich immer wieder am Todestag Raum und will freigelassen werden. Die Nachricht überbracht, irgendwann gegen vier Uhr morgens, von zwei Polizisten (ich kann mich nicht an die beiden erinnern). Dann dieses unendlich schwarze Loch danach, ein Nichts, ein Fallen, ich weiß nicht, ob wir irgendetwas gesprochen haben. Mein Bauch rebelliert heute noch, bei all diesen Gedanken, mein Puls rast. Dann die ersten Anrufe, irgendwer musste uns helfen… Irgendwann sind wir in die Stadt gefahren, das Unheil zu betrachten, der Fassungslosigkeit ein Bild zu geben. Ein Bäumchen, ein wirkliches Bäumchen… Heute ist er doppelt so groß und doppelt so stark. Seine Blessuren sind nach oben gewachsen, nicht mehr zu greifen. Irgendwann war das Haus dann voll, voller Tränen, voller Menschen… Entscheidungen mussten getroffen werden, über die wir im Leben nie nachgedacht hatten. Es ist alles nur noch Nebel. Die Tage sind in einem Tränenschleier voller Nebel verschwunden. Ich habe es gewagt, im Tagebuch von damals zu lesen. Das ist schwer, es ist ein sehr schweres Buch. Ich werde morgen wieder einen tröstlichen Nebel auf all dieses Schwere legen und wieder in ein neues Jahr starten.

Hier zu Hause brennen ganz viele Kerzen, damit das Licht heute für dich leuchte in diesen verregneten und dunklen Tagen. Immer wieder schaue ich mir heute deine Bilder und auch die Filme über deine Kinderzeit an. Alles bringt ein Stück Erinnerung wieder. Die Erinnerung, dass du hier warst, bei uns und mit uns, dass du gelacht, geweint, gelebt hast, fröhlich und traurig warst, immer in Aktion, aber auch gern lange ausschlafend. Mein kleines süßes Mädchen. Ich umarme dich aus der Ferne und hätte dich doch so gern hier bei mir im Arm. Du wärst eine tolle Frau geworden. Ich hab dich unendlich lieb und hoffe immer noch wie ein Kind auf ein Wiedersehen.                                                        Deine Mama

 


21. Dezember 2021

Mein geliebtes Kind,

das 19. Jahr ohne dich neigt sich dem Ende entgegen. Ich habe heute morgen einen sehr langen Spaziergang zu deinem Garten gemacht. Im Rucksack ein neues Engelchen und zwei Kerzenlichter für dich dabei. Das Alleinsein war so guttuend. Ich konnte ganz in meinen Gedanke zu dir wandern, bei dir sein, Schönes unterwegs entdecken.

In den letzten Wochen habe ich oft über unsere letzten gemeinsamen Wochen nachgedacht. In der Schule war Weihnachtsmarkt und Adventssingen. Du hast in einem Stand mit einem Jungen Spaß gehabt, hattest mich an dem Abend begleitet. Das fand ich immer sehr schön, dich dabei zu haben. Wir hatten schon Plätzchen gebacken. Du warst aber auch oft unterwegs, gemeinsam mit Tim. Ich hatte vor dem Haus einen Schlitten aufgestellt mit Pseudopäckchen. Das Weihnachtsessen war schon weitestgehend vorbereitet. Es war alles so vorbereitet… Noch nie in all den Jahren vorher war alles so vorbereitet. Seit diesem verhängnisvollen Abend ist nichts mehr perfekt. Ich lasse absichtlich Dinge liegen, es soll nie wieder perfekt und alles vorbereitet sein.

Du warst glücklich, ausgeruht, wolltest deine Ferien genießen. Es ist zum Verrücktwerden. 19 Jahre sind seitdem vergangen und diese Tage haben sich kaum verändert. Ich bin innerlich immer sehr angespannt, unruhig und meine Gedanken fließen von allein zurück an jene Tage im Dezember. Dein sinnloser und abrupter Tod hat mein Herz zerrissen. Es tut bis heute bis in den letzten Winkel meines Körpers weh. Du fehlst! Du fehlst jeden Tag meines Lebens! Wird es ein Wiedersehen geben? Wirst du da sein, wenn meine Zeit hier mal zu Ende geht? Werden wir uns noch einmal umarmen und festhalten können? Wirst du dann auch älter geworden sein oder bist du dann immer noch 16 fröhliche Jahre? Werde ich dich finden oder wirst du mich finden?

Ist mein Papa gut bei euch angekommen? Hast du ihn empfangen? Finden sich Seelen im Himmelsreich? Auch in dir steckte ein Lebensstück von deinem Opa. Es wäre sehr tröstlich, wenn wir hier viel mehr darüber wüssten. Wenn wir wüssten, es ginge euch gut, da wo ihr seid.

Ich liebe dich mein Kind! Meine Gedanken sind bei dir. Ich halte deine Hände und streichele dir über deine schönen langen Haare.

Fühl dich leise umarmt. Ich trage dich im Herzen! Und hab tausend Dank für die viele Sonne heute. Sie hat ein Glitzern in mein Herz gezaubert.

            

 


16. April 2021

Mein geliebtes Töchterchen,

heute wäre dein 35. Geburtstag gewesen. Ich hab mir versucht vorzustellen, wie du mit Familie und Freunden gefeiert hättest. Es ist ja ein Freitag. Viele haben heute an dich gedacht, sich erinnert, mir geschrieben oder auch mit mir gesprochen. Du lebst in all ihnen weiter, hast Spuren hinterlassen. Wir haben auch darüber nachgedacht, ob du deinen Wunsch, Pathologin zu werden, wahr gemacht hättest? Sehr spekulativ… Hättest du???

Mein geliebtes Kind, ich denke an dich, an jedem Tag meines Lebens, mit jeder Faser meines Körpers. Du fehlst und zugleich habe ich immer das Gefühl, dass du irgendwie bei mir bist, in mir bist. Ich trage dich bei mir und das tut gut. Die Erinnerungen an jedes deiner 16 Lebensjahre tun mir gut. Die Bilder in deinen Fotoalben sprechen dein Leben und erzählen die kleinen Geschichten. Sie helfen beim Erinnern und tun mir gut. Das Leben fließt in uns weiter, die Füße tragen uns…

Als ich 35 wurde, warst du schon 14 Jahre. Du hattest du nur noch zweieinhalb Jahre zu leben. Ich habe heute gesagt, dass es gut war, dass ich es nicht gewusst oder erahnt habe. Es ist gut, dass niemand so etwas weiß. Gibt es wirklich so etwas wie Schicksal?

Mein Töchterchen, ich sende dir eine liebevolle Umarmung in den Himmel, einen Kuss auf deine Stirn und streichele dir übers Haar.

Ich liebe und vermisse dich.

         Deine Mama


21. Dezember 2020

Heute vor 18 Jahren war dein letzter Lebenstag auf dieser Erde. Es war dein erster Ferientag. Du wolltest ausschlafen, wie immer. Seit 18 Jahren ist dieser Ferienbeginn immer mit großem Schmerz verbunden. Kein unbeschwertes Jahresende, immer ein schweres Mitschwingen der Trauer um dich. Wenn ich dich jetzt suche, dann in allem Schönen, einer Rose, einem Regenbogen, einem Schmetterling, im Wald, … . Heute hatte ich den ganzen Morgen ein Reh als Bild im Kopf. Ich erinnere mich noch an die Rehbegegnungen nach deinem Tod. Und das Bild mit dir, als du in einem Urlaub ein Rehkitz auf dem Arm hattest. Das war ein schönes Bild für heute.

Ich habe es im letzten halben Jahr geschafft, aus deiner Kleidung, die noch in deiner Truhe schlummerte, eine Kuscheldecke zu nähen. Sie ist noch nicht ganz fertig, die Umrandung fehlt noch. Sie ist auch nicht perfekt, aber für mich ist sie wunderschön. Zu jedem Teil weiß ich noch, wie es an dir aussah. Du warst so schlank in deinem 17 Lebensjahr. Ich freue mich darauf, wenn ich mich in sie, in dich einhüllen kann.

Heute werden wir an die Unfallstelle fahren. Wie jedes Jahr an diesem Tag. Und wie immer an diesem Tag schaue ich mir Bilder und Filme von dir an. Wunderschöne Erinnerungen. Dafür bin ich dankbar, für all die Filme und Fotos. Mein Dreigestirn … .

 

Ich bin sehr dankbar, dass ich deine Mama sein durfte.

Und wie jedes Jahr, so schicke ich auch dieses Jahr meinen Wunsch ins Himmelszelt,

dich noch einmal wiedersehen zu dürfen, dich noch einmal umarmen zu dürfen,

deine Haut und deine Haare noch einmal berühren zu dürfen…

Ich umarme dich in die Stille hinein.

In Liebe für immer deine Mama

Sandras Garten im November 2020


20. Dezember 2019

Nun sind es bald 17 Jahre. Die Zeit verändert alles. Du warst keine 17 Jahre hier auf Erden, durftest dieses schöne Alter nicht erreichen. Heute fragte mich jemand sehr fröhlich, der mich schon seit Jahren kennt, wie es mir geht. Ich sagte ihm „Naja, nicht wirklich gut. Der Dezember ist nicht mein Monat“. In diesem Moment wurde ihm wohl bewusst, dass ich seine Frage zwar richtig beantwortet hatte, er aber vergessen hatte, dass diese Antwort zu erwarten war. Wir haben dann noch lange freundlich miteinander gesprochen. Und das tut gut. Darüber sprechen zu dürfen, tut immer noch gut.

Was für eine Narbe. Vielleicht vergleichbar mit Brandnarben oder Amputationen. Der Schmerz ist immer da. Er wird leiser und stiller und geht mehr nach innen. Aber er ist schmerzhaft immer da. Auch nach 17 Jahren.

Wenn ich deine Bilder anschaue, dann sehe ich in diese kleinen Kinderaugen, kann für einen Moment die sonnig-sandige Haut schnuppern und fühlen, höre dein Geplapper, manchmal höre ich dich Mama rufen. Die Traurigkeit holt mich ein, dieses NICHTS mehr ist in solchen Momenten schwer auszuhalten. So versuche ich den Erinnerungsmoment festzuhalten und ihn dann mit guten Gedanken zu dir wandern zu lassen. Ungestillte Sehnsucht.

Ich war dieses Jahr wieder zum Gedenkgottesdienst der verwaisten Eltern. So viel Schwere in einem Raum… So viele Namen… Es war dieses Jahr besser, einige Veränderungen, die es zu einer stillen und ehrwürdigen Stunde machten.

Dann war da noch ein Adventskonzert, dass mir immer die Bilder deiner letzten zwei Wochen bringt. Wie viel Fröhlichkeit, wie viel Lachen hattest du damals an diesem Abend. Deine letzten Tage waren angebrochen und keiner ahnte es auch nur.

Ich liebe dich, mein still gewordenes Kind. Und ich bin immer noch auf der Suche nach dir, überall. Wenn ich Schönes erlebe, dann danke ich dir oft im Stillen, dass ich Gutes und Schönes wieder fühlen kann. Fühl dich umarmt in deinem Sternenzelt und behüte deine Brüder.

Deine dich ewig liebende Mama


16. April 2019

Geliebtes Sternen – Geburtstagskind,

du bist nun 33 Jahre alt. Stehen geblieben im Gesicht einer 16-jährigen. Heute hatte ich wieder oft diese Gedanken – Was wärst du heute? Wo wärst du heute? Gäbe es schon eine Sandra-Familie, einen Mann, Kinder? Hättest du gefeiert, mitten in der Woche? Wie würdest du aussehen – dein Gesicht, dein Körper, deine Haare? Wären deine beruflichen Wünsche in Erfüllung gegangen?

Ich umarme dich im Stillen, lasse meine Gedanken in deine Kindheit wandern, versuche dich zu hören, zu fühlen, zu riechen – die Frühlingssonne in deinen Haaren.

Danke für die Sonne heute, dein Lächeln aus dem Himmel, dein Wind in meinen Haaren. Ich war heute umgeben von ganz viel gut tuender Familie. Wir waren alle bei dir und du bei uns. Wir haben deine geliebte Hühnersuppe gegessen. „Hühnersuppe für die Seele“. Welch verborgene tiefe Wahrheit.

Mein Mädchenglück, ich vermisse dich und bin dankbar für die Zeit, die wir gemeinsam hatten. Ich hoffe so sehr, dass wir uns eines Tages noch einmal in die Arme nehmen können. Nur einmal und sei es auch nur für einen kurzen Moment.

Ich sende dir meine leise Umarmung und mein Streicheln in den Himmel.

   

 


14. März 2019

Egal wie viele Jahre, Tage, Stunden uns trennen, im Herzen lebt mein Kind in mir und es gibt keinen Tag ohne Gedanken an sie. Es ist kein Festhalten, oft wird ja der tolle Spruch gesagt „du musst es loslassen“, es ist ein Erinnern, ein Lieben, ein Herzschmerz – es ist etwas Unvergängliches und auch Gewolltes. Eigentlich ist es eine ewige Suche nach ihr. Worin finde ich sie? Wo ist sie gerade? Nur wer es erlebt hat, kann es fühlen.

20.12.2018

    

Die Zeit heilt nicht alle Wunden. Sie lehrt uns nur, mit dem Unbegreiflichen zu leben.

Sandras Todestag jährt sich zum sechzehnten Mal. Das sind 5845 Tag, fast genauso lang, wie sie gelebt hat. Und an jedem dieser Tage habe ich an sie gedacht, habe ich sie vermisst, habe ich mich unserer gemeinsamen Zeit erinnert. Es gibt jeden Tag unzählige Dinge, die eine Erinnern hervor rufen können: Autonummern, Uhrzeiten, geflochtene Mädchenzöpfe, Lieder, Bilder, Familie, Sätze, Nachrichten …                        Irgendwie ist alles miteinander verflochte, wie ein Teppich. Sie gehört heute genauso dazu wie vor dem furchtbaren Unfall – still und leise.

Kürzlich fragte mich jemand, ob ich dem Fahrer verziehen hätte. Nein, so würde ich das nicht nennen. Ich denke, dass ich es bewusst verdränge und versuche zu „deckeln“, um nicht zu hassen. Vergessen kann ich es nicht. „Er“ ist noch da und schießt immer noch ab und zu durch den Kopf. Vielleicht würde ein Gespräch helfen, dass ich das Wort „verzeihen“ aussprechen kann. Das fehlt, schon seit 16 Jahren. Ehrliche und persönliche Worte des Bedauerns. Diese fehlen absolut!


19.12.2018

Beim Aufgang der Sonne und bei ihrem Untergang

erinnern wir uns an sie.

Beim Wehen des Windes und der Kälte des Winters

erinnern wir uns an sie.

Beim Öffnen der Knospen und in der Wärme des Sommers

erinnern wir uns an sie.

Beim Rauschen der Blätter und in der Schönheit des Herbstes

erinnern wir uns an sie.

Zu Beginn des Jahres und wenn es zu Ende geht,

erinnern wir uns an sie.

Wenn wir müde sind und Kraft brauchen,

erinnern wir uns an sie.

Wenn wir verloren sind und krank in unserem Herzen,

erinnern wir uns an sie.

Wenn wir Freude erleben, die wir so gerne teilen würden,

erinnern wir uns an sie.

So lange wir leben, werden auch sie leben,

denn sie sind nun ein Teil von uns,

wenn wir uns an sie erinnern.

(aus einem jüdischen Gebetsbuch)


9.12.2018 Der zweite Adventssonntag im Jahr ist für viele ein Gedenktag für ihr verstorbenes Kind. Nicht das sie nicht jeden Tag daran denken würden, aber an diesem Tag gibt es überall Gedenkgottesdienste und andere Gedenkveranstaltungen. Jedes Jahr treffen sich Eltern, Geschwister, Freunde und Verwandte, zünden Kerzen an und gedenken ihrer Kinder, die viel zu früh aus dem Leben gegangen sind. Ich war jedes Jahr dabei.

Es tut mir gut, eine Kerze für mein Kind anzünden zu können, ihren Namen ausgesprochen und Gedichte und Lieder zu hören, die von der Trauer und dem Weg erzählen, den alle durchwandern müssen, die dieses Schicksal erleiden.

Und doch fühlt sich der Gedenkgottesdienst für mich auch falsch an. Ich glaube nicht an einen Gott. Es mag sein, dass es etwas gibt, dass alles zusammenhält. Aber für mich ist es kein Gott. So fällt es mir schwer, den Worten des Pfarrers zu folgen, seinen Bogen zu Jesus nachzuvollziehen.

Ein betroffener Vater hat für seine beiden Söhne Lieder gesungen, die er in seiner Trauerzeit geschrieben hat. Diese sprachen mich sehr an. Sie erzählten von seinen Kindern, seiner Freude und seinem Leid, seinem Halleluja. Die kirchlichen Lieder kann ich nicht singen. Ich finde mich darin nicht wieder.

So beobachte ich das Kerzenflackern, wandere in Gedanken zu meinem Kind und tröste mich mich mit dem Gedanken, dass diese Stunde nur unseren Kindern gehört. Viele Eltern, die heute dabei waren kenne ich von den Gruppentreffen der Verwaisten Eltern. Tränen fließen. Für alle ist diese Stunde sehr wichtig.

Wenn ich es anders haben will, muss ich etwas anderes anstoßen. Und es bleibt mir auch die Möglichkeit, nicht zum Gedenkgottesdienst zu gehen. Das steht mir frei, ich muss es selbst entscheiden. Ich verschiebe es auf das nächste Jahr.

Es sind nur noch wenige Tage bis zur längsten Nacht des Jahres. Es wird Sandras 16. Todestag sein. Sie hat dann genauso viele Jahre gelebt, wie nicht mehr gelebt. Es bleibt das Unbegreifliche